Hanoi 10.08.2022 – 15.11.2022
Da ich nun ein 3 Monatsvisa hatte, galt es eine längerfristige Wohnung zu finden. In Hanoi gibt es nicht das Problem, dass es zu wenig bezahlbare Wohnungen gibt, sondern eher zu viel, welche meinen Bedürfnissen nicht entsprechen. Zum Beispiel mit zu wenigem natürlichem Licht oder zu nahe an grossen Strassen und lauten Nachbarschaften. So schaute ich inert paar Tagen 10–15 Wohnungen an, bis ich dann eine fand, welche mir passte. 85m2 für ca. 360 Dollar in einem angenehmen Stadtteil in der Mitte aller meiner Interessen. Im 6. Stock, mit Aussicht auf die Stadt und ohne direkte Nachbarhäuser.
Es fühlt sich wunderbar an endlich nach solch einer langen Zeit eine eigene Wohnung zu haben und zu wissen, dass ich dort auch länger bleiben kann. Ohne Sorgen, aus dem Land reisen zu müssen. Nach 2 Monaten bekam ich dann auch endlich mein TRC (Temporary recidence card) Somit ist auch dieses Thema für 2 Jahre abgeschlossen. 🙂
Wieso will ich eigentlich zurück nach Hanoi? Ich war schon fast 2 Jahre da, wäre doch mal Zeit weiterzugehen. Das kann sicherlich sein, mittlerweile ist Hanoi aber mein Lebensmittelpunkt geworden. Ich habe viele soziale Kontakte und auch sonst wird es mir nicht langweilig. Ebenfalls arbeite ich gerade mal 60 % (ca. 25 Stunden die Woche), um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Dadurch habe ich mehr Spielraum, meine Freizeit zu plan und auszuleben.
Wie auch schon zu vor ist der Chor immer noch ein Hauptgrund, wieso ich in Hanoi bleibe. Vor allem, weil wir Ende September das Musical «Les Miserables» aufgeführt haben. Es handelt sich um eine Geschichte während der Französischen Revolution. Viel Drama, eine Liebesgeschichte und dutzende verschiedene Situationen, die es auszuschmücken gilt. Als Teil vom Chor ist unsere Aufgabe die Szenen zum Leben zu erwecken, was ist schon ein Marktplatz ohne das bunte Treiben von dutzenden Menschen. Oder eine Revolution ohne Kämpfer und ein Pub ohne Gäste.
Natürlich gibt es auch Solo Auftritte, wo nur wenige Darsteller auf der Bühne stehen.
Insgesamt war ich in zehn Szenen involviert und sicher 30–40 Minuten auf der Bühne. Ich war ein Sklave, der zusammengeschlagen wird, ein Student, der auf den Strassen Paris für Aufruhr sorgt, ein Junge, welcher die missbrauchte Mutter ins Krankenhaus bringt, ein Barbesucher, der mit vielen Frauen flirtet (auch sonst eine Stärke im realen Leben :P), dann direkt in die ersten Revolutionsgesänge mit «Do you hear the people Sing» und «One day more» Und so schnell ist Akt Eins vorbei.
Look down at the end of the day the beggars
Akt Zwei startet mit einer langen Revolution Szene auf den Barrikaden von Paris, diese endet damit, dass wir alle auf der Barrikaden sterben. (Ich wurde für meine Leistung in der Kriegsszene gelobt) Das eine Jahr Praktikum im Schweizer Militär hat mir sicher geholfen 😉
Anschliessend haben wir 20 Minuten Pause, bevor wir dann auf einer Hochzeit tanzen, wo wir eine Choreo einstudieren musste, allgemein kann man sagen, dass die meisten Abläufe ziemlich klar definiert wurden, wo wir wann zu stehen haben. Von aussen betrachtet kann es sicherlich wie ein Durcheinander aussehen, von innen war es aber durch getaktet. Es konnte gut sein, dass in organische Szenen nicht immer die gleichen Leute miteinander interagieren würden, aber die Plätze klar definiert waren, wo wir am Ende zu stehen haben.
the wedding
Der Epiloge wird eröffnet damit, dass die Hauptfigur stirbt und alle in der Schlacht gestorbenen Menschen langsam durch beide Reihen in die Oper hinein schreiten und Acapella den letzten Song anstimmen: «Do you hear the people sing, lost in the valey of the night….» langsam setzt das Orchester ein und ein starker Schlusssong endet mit «One Day More» und Applaus des begeisterten Publikums.
Lovley Ladies One day more Little fall of rain She needs a doctor! Master of the house At the barricade Do you hear the people sing the beggars the wedding Ende Akt 2 Hanoi Voices
Oper? Ja klar! 😉 The Opera of Hanoi. Immer wieder lustig in diesem Gebäude ein und aus zugehen, als wäre es schon normal. Aber eigentlich ist es wirklich schon normal vor 600 Leuten im ausverkauften Haus aufzutreten, gehört halt zum Alltag jetzt dazu! 😉
Was mir sehr gefallen hat am Musical war die Möglichkeit, mit den Chormitglieder mehr zu interagieren, auch da wir ja die Bewegungen proben mussten, gab es bei jeder Probe irgendwelche lustigen Gegebenheiten, die so nicht geplant waren.
Pub Szene One day more! Es war nicht so schwer, keine Angst 😉 Lovley Ladies At the end of the day David Gesangsprobe the bargain at the barricade
Auch hat sich das Musical über die 5 Wochen in welcher wir geprobt haben immer wieder verändert, neue Begegnungen sind dazugekommen und bestehende Szenen wurden verfeinert. So lernt man sich einfach besser kennen, wenn man miteinander interagieren muss, im Vergleich zum braven nebeneinander stehen und ein Stück lernen.
Was ein solches Musical auch speziell macht, dass wir alle Texte und Melodien auswendig lernen mussten, dazu kam auch noch die Schwierigkeit, dass wir ja miteinander interagieren sollten, während dem singen. So kommt es schon mal vor, dass man den Text vergiesst, wenn man zu tiefen in seinem Charakter steckt. Die Melodien sind aber sehr einfach und waren mir meistens schon bekannt, das stellte nicht so eine grosse Herausforderung dar.
Es war eine intensive Zeit, gerade die letzten zwei Wochen mit 6 Proben à 3–4 Stunden und 2 Auftritte, die meisten von uns haben natürlich auch noch einen Vollzeitjob. Wenn man dann noch ein bisschen Privatleben dazwischen haben will, wird es sehr anstrengend. Das Ergebnis der harten Arbeit lässt sich natürlich sehen, zwei ausverkaufte Shows im Opernhaus von Hanoi und viele begeisterte Besucher. Ich war aber auch froh, dass es wieder vorbei war und es ein wenig ruhiger in unseren Leben wurde.
Letzte Vorbereitungen vor der Show.
Hier eine hervorragende Version von «Les Miserables» auf YouTube.
Denn das nächste Event würde ja nicht lange auf sich warten. Anfangs November haben wir «a Mass for peace by carl Jenkins» aufgeführt, welches nicht so intensiv wie das Musical war, da es keine Choreografie benötigte und wir auch nicht alles auswendig lernen mussten. Trotzdem war die Wirkung auf das Publikum stark, denn die zwölf Lieder decken einen grossen Bereich der menschlichen Gefühle ab, Wut, Angst, Mut, Horror, Frieden etc.
Besonders an diesem Auftritt war, dass wir es zusammen mit einem Schulchor aufgeführt haben, somit waren wir über 100 Sänger auf der Bühne. Wenn eine solche Gruppe gemeinsam «CHARGE» singt/schreit, um zusammen in den Krieg zu ziehen, begleitet vom Donnern der Trommeln, ist die Wirkung auf das Publikum garantiert. Genau bei diesem Stück gibt es nach einem letzten «CHARGE» eine Stelle, wo wir für ca. 15 Sekunden schreien mussten. Die Idee war Horror zu verbreiten, von leisen zu lauten bis zu vollem Geschrei, welches durch den Dirigenten schlagartig unterbrochen wird. Stille! Nur noch das Nachhallen in den Ohren, bis dann eine weit entfernte Trompete ertönt, um das Stück abzuschliessen.
So könnte man einige Stellen dieses Stück beschreiben, ich belasse es aber mit diesem, da es meine Liebling-Stelle ist. Soviel ich weiss wurde es aufgezeichnet und ich hoffe, ich kann dies dann später noch mit euch teilen. Ansonsten gibt es auch gute Versionen auf YouTube etc., natürlich ist es wenn man mitten drinsteckt, noch einmal eine andere Geschichte.
Chor Warm-up durch mich geleitet 🙂 Ende der Show
Wie erwähnt braucht es noch etwas Privatleben zwischen den Auftritten, das findet natürlich auch noch statt.
Ich habe seit ein paar Monaten wieder angefangen zu klettern und bin regelmäßig im Gym unterwegs, in dieser neuen Gruppe unterwegs zu sein macht Spass. Mir gefällt am Klettern vor allem, dass es eine gute Möglichkeit ist mein Oberkörper kreativ zu benutzen und es bei den härteren Routen ein Gemisch aus Kraft und Geschick erfordert, um sie meistern zu können. Mittlerweile habe ich mir alle nötigen Skills angeeignet, um gegen Ende Jahr einen Trip nach Laos zu machen, ins Green Climbers Home, wo ich schon vor 2 Jahren meine ersten Lead-Klettererfahrungen gemacht habe. Siehe «Klettern und Loopen» Dieses mal werde ich aber deutlich mehr Erfahrung haben und stärker sein. Ich freue mich darauf.
100 km ausserhalb von Hanoi
Dragqueen Show:
Kleiner Camping Trip in den Ba Vi Nationalpark:
Wie viele Menschen sind auf dem Scooter? Kühe?
Hanoi bei Tag und Nacht:
Vietnamesen werden auf dem Motorrad geboren.
LGBT+ Parade Hanoi:
Sie ist berühmt in der LGBT+ Szene. Die Pizza gehört nicht hier her, es war aber am gleichen Tag 😉
Kleiner Trip nach Bangkok für 10-jähriges Jubiläum der Swingtanzszene und extra Halloween Party.
Der Linke ist als Rechter verkleidet.
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